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Der Oberbegriff Graffiti bezeichnet heute meist unautorisierte Signaturen, Parolen und figurative Darstellungen auf den Oberflächen des öffentlichen Raumes, die mittels unterschiedlichster Techniken entstanden sind: gesprayt, eingekratzt, gemalt, geschrieben, aufgestempelt oder auch schabloniert.
Als Teil der Hip-Hop-Bewegung wurde die amerikanische Graffiti-Kultur im Laufe der 1980er Jahre zu einem globalen Phänomen. Vor allem die Filme „Wild Style“ (1983), „Style Wars“ (1983) und „Beat Street“ (1984) begeisterten, ebenso wie die beiden Fotobände „Subway Art“ und „Spraycan Art“ ein internationales Publikum und inspirierten zahllose Jugendliche zu eigenen Graffiti-Arbeiten.
Dominierende Form der Gegenwart ist das Szene-Graffiti, eine überwiegend illegale Erscheinung, deren Ästhetik durch Sprühdose und Farbstift geprägt ist. Im Vergleich zum Pinsel ist die 1949 erfundene Sprühdose effektiv, schnell und funktioniert auch auf unebenem Untergrund. Im Zentrum steht hier der Name, d. h. das selbstgewählte Pseudonym des Sprühers oder seiner Gruppe („Crew“), der im öffentlichen Raum sichtbar gemacht werden soll: Je stärker Präsenz und Sichtbarkeit dieses Namens, je spektakulärer die Anbringung und je origineller Buchstabenstil („Style“) und sonstige Ausgestaltung, desto größer die Anerkennung, der „Fame“, innerhalb der Szene.
Seit Beginn der 1990er Jahre ist eine zunehmende Professionalisierung der Graffiti-Szene festzustellen. Wesentlich dazu beigetragen haben der Fall der Berliner Mauer und die deutsche Wiedervereinigung: Die zumindest auf der westlichen Seite mit Wandkunst übersäte und damit von ihrer ursprünglichen Funktion befreite Mauer galt plötzlich als umjubeltes Symbol für die beendete Unfreiheit – fast so, als ob die wilden Bilder selbst die Mauer zum Einsturz gebracht hätten. Von der gestiegenen Wertschätzung zeugen nicht zuletzt die denkmalpflegerischen Debatten um die Berliner East Side Gallery, die besprühte und bemalte Mauerreste konserviert.